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August 07, 2011
Chronologie zum Thema Einkaufsmarkt in Effeltrich

Unser Dorf Effeltrich hat ca. 2700 Einwohner und davon 2100 Wahlberechtigte. Zu unserer Gemeinde gehört der Ortsteil Gaiganz mit ca. 400 Einwohnern. Als Verwaltungsgemeinschaft sind wir zusammengeschlossen mit dem Ort Poxdorf, der mittlerweile schon fast mit Effeltrich zusammengewachsen ist und ca. 1.400 Einwohner hat.
Die Infrastruktur in unserem Ort ist ausgebaut mit eigenen Grundschule, Kindergarten, Banken, Allgemeinarzt, Zahnarzt, einer Apotheke, mehreren Wirtshäusern und vielen Vereinen. Kleinere Einkäufe können begrenzt vorgenommen werden. Ca. 95 % der Bürger kaufen bei Supermärkten der Nachbargemeinden wie Baiersdorf, Neunkirchen, Forchheim usw. ein, um die Versorgung der Familien zu ermöglichen. Es gibt einen Bäcker am Ort mit einem Tante-Emma-Laden und eine Drogerie namens Schlecker. Die ursprünglich vorhandene größere Einkaufsmöglichkeit bei Bäckerei Erner mit EDEKA schloss vor ca. 10 Jahren. Ebenso drei Metzgereien, die damals fest etabliert waren. Die Effeltricher sind mit der Verschlechterung der Einkaufsmöglichkeiten, die Stück für Stück voranschreitet, nicht mehr einverstanden und möchten wieder einen Einkaufsmarkt am Ort haben.
Nun gibt es im Ort direkt am Rathaus ein Grundstück mit ca. 7500 m², das der ortsansässigen Obstbaumgenossenschaft gehörte. Dies ist eine Vereinigung von 35 Landwirten, die früher intensiv Obstbäume gezüchtet, veredelt und verkauft haben über eine Genossenschaft. Hierzu brauchten sie eine Verkaufshalle (das heutige Rathaus) und auch Ländereien. Mittlerweile ist die Obstbaumzucht stark am Rückmarsch und die Grundstücke werden eigentlich nur noch verwaltet bzw. sollen veräußert werden, wie eben auch das besagte Grundstück in zentraler Lage mit Anbindung an die Staatsstraße2243 von Forchheim nach Neunkirchen und ca. 6000 durchfahrenden Fahrzeugen. Der Vorstand dieser Genossenschaft hatte im Jahr 2004 intensiv die Möglichkeiten einer bestmöglichen Verwertung für die Mitglieder diskutiert und mit möglichen Investoren besprochen. Herausstellte sich binnen kurzer Zeit, dass aufgrund der Hauptstraßenlage es weniger für eine Wohnnutzung geeignet wäre (z. B. ein Altenheim), sondern eher einen Investor anlockt, der die vielen durchfahrenden Fahrzeuge nutzen kann. Damals wurde mit mehreren Supermarktbetreibern gesprochen. Sehr interessiert war die Firma NORMA, die einen Einkaufsmarkt mit weiteren kleinen Ladeneinheiten realisiert wollte.
Dieser Betreiber hatte damals vollständige Planungsunterlagen ausgearbeitet und einen Bauantrag an die Gemeinde gestellt. Der Effeltricher Gemeinderat lehnte damals dieses Projekt ab, weil die Sicht auf das Rathaus verdeckt und weil durch einen Einkaufsmarkt noch mehr Verkehrsbelastung im Ort entstehen würde.
In der Zwischenzeit kamen mehrere Betreiber auf die Idee, dass Effeltrich ein geeigneter Ort für einen Supermarkte wäre. Es wurden Verhandlungen auch mit EDEKA geführt und andere Standorte diskutiert, doch sämtliche Anfragen von Investoren, wurden allesamt vom Gemeinderat abgelehnt (ca. 12 Mal).
Widersprüchlich erscheint es, dass aktuell von der CSU und von der Gaiganzer Liste jetzt behauptet wird, dass wir dringend eine Einkaufsmöglichkeit in Effeltrich bräuchten.
Verschiedene andere Standorte schieden im Vorfeld aus, weil die Investoren kein Interesse aufgrund von zu niedriger Verkehrsfrequenz, Probleme mit dem Hochwasser-Schutzgebiet oder unübersichtlichen Verkehrssituationen hatten. Im Außenbereich wurden auch Bauvoranfragen gestellt, doch immer war das Votum der Gemeinderäte (überwiegend CSU) negativ.
Nachdem die Firma NORMA wirklich nennenswertes Interesse an einem Bau eines Einkaufsmarktes hatte und dafür auch einen Preis für das Grundstück in Höhe von 125 Euro/m² bezahlt hätte, reichte sie Widerspruch gegen den Beschluss des Gemeinderates direkt beim Landratsamt in Forchheim bzw. Ebermannstadt ein. Nach Prüfung der Angelegenheit hat das Landratsamt den Ablehnungsbeschluss des Gemeinderats aus rechtlichen Gründen aufgehoben („Ersatzvornahme“) und den Bauantrag von NORMA genehmigt.
Der Weg war also theoretisch frei für einen Bau, wenn nicht die Anwohner in Verbindung mit eben denselben Gemeinderäten, die den Markt erst abgelehnt hatten, geklagt hätten wg. Lärmschutz bzw. dass ein Einkaufsmarkt nicht in dieses Gebiet passen würde, weil hier überwiegend Wohnbebauung vorherrscht. Bei einem Vorort-Termin entschied der Richter, dass das Grundstück aufgrund der vielen Betriebe in direkter Nachbarschaft auch jetzt bereits ein Mischgebiet sei und daher die Baugenehmigung nicht verwehrt werden könne.
Somit konnte die Obstbaumgenossenschaft nun eigentlich das Grundstück übertragen und los geht es. Doch diese Rechnung ging nicht auf, denn inzwischen hatte der Chef der CSU-Fraktion und gleichzeitig der Sohn eines Mitglieds der Genossenschaft stellvertretend für die Mutter sämtliche Genossen aufgebracht gegen diese schrecklichen Supermärkte, die nur auf unser Geld aus sind und wir auf diesem Grundstück (in diesem Zusammenhang dann plötzlich als Filetstück der Gemeinde) eigentlich doch viel eher ein soziales Projekt oder etwas für die Gemeinschaft ermöglichen könnten. Es fehlte nur zum einen die Idee, was wir nun eigentlich wirklich brauchen und zum anderen das Geld, um sich diesen Luxus leisten zu können. Doch da zumindest die Mehrheit im Gemeinderat schon mal vorhanden war, boxte man, auch um den Einkaufsmarkt an dieser Stelle wiederum zu verhindern, den Kauf des Grundstückes seitens der Gemeinde durch.
Die komplette Fremdfinanzierung von 1 Mio. Euro belastet den Haushalt der Gemeinde sehr. Bei der Prüfung durch das Landratsamt musste die Gemeinde sogar nachbessern und entschloss sich kurzerhand die Gewerbesteuer zu erhöhen.
Kurz nach dem Kauf fing der Gemeinderat an fieberhaft nach Möglichkeiten einer Nutzung zu suchen. Zum Glück wurde zu diesem Zeitpunkt die Renovierung des Kindergartens immer dringender. Da lag schnell der Gedanke eines Neubaus in Verbindung mit einem Altenheim als Lärmschutz nahe, denn es musste ja etwas mit dem Grundstück passieren! Dass bei diesem Entwurf die Sicht auf das „historische“ Rathaus völlig verdeckt wurde, spielte plötzlich eine nachrangige Rolle.
Der Unmut der Bevölkerung brodelte zu diesem Zeitpunkt sehr stark und es wurde ein Bürgerbegehren gegen den Neubau eines Kindergartens auf dem Grundstück hinter dem Rathaus eingereicht.
Zum einen sollte der Neubau wesentlich mehr als die Renovierung des altes Kindergartens kosten und zum anderen ist dieser Standort für einen Kindergarten äußert ungeeignet. Durch die hohe Verkehrsbelastung von 6000 Fahrzeugen täglich, bestanden ein zusätzliches Sicherheitsrisiko, eine hohe Lärmbelästigung und eine größere gesundheitliche Beeinträchtigung durch die vielen Fahrzeuge. Die Bürger stimmten deshalb beim Entscheid mehrheitlich mit 90 % der abgegebenen Stimmen gegen diesen Standort am Rathaus und stimmten damit gegen die Pläne der CSU-Fraktion. Nun fehlte wiederum ein Verwendungszweck für das Gelände!
Nachdem nun 6 Jahre ins Land gingen, der Frust der Bürger immer höher über dieses unmögliche Vorgehen der Gemeinderäte wurde, haben die Bürger mittlerweile eine Bürgerinitiative für einen Supermarkt gegründet. In der Gründungsversammlung wurden verschiedene Standorte in Effeltrich vorgestellt und die Vor- und Nachteile diskutiert. Es sprachen sich bei der Abstimmung 87% für den Standort am Rathaus aus.
Die Gründe hierfür lagen nahe, die zentrale Lage des Einkaufsmarktes, der fußläufig erreicht werden könnte, die Reduzierung der Schulden von 1 Mio. Euro und die Attraktivität der Gemeinde könnte für junge Familien erhöht werden. Die Bevölkerungszahlen sind seit Jahren rückläufig und auch das Überleben der Grundschule scheint in Gefahr zu sein.
Gleichzeitig wäre die Gemeinde wieder finanziell handlungsfähig und könnte andere dringend notwendige Projekte umsetzen.
Aus diesen Gründen heraus entschied sich die Bürgerinitiative, ein weiteres Bürgerbegehren für einen Einkaufsmarkt in zentraler Lage am Rathaus zu starten.
In den Osterferien konnten binnen 12 Tagen 652 Unterschriften gesammelt werden, das entspricht etwa 30 % der Wahlberechtigen. Das Bürgerbegehren wurde am 5.5.2011 bei der Gemeinde eingereicht. Am 30.05.11 hat der Effeltricher Gemeinderat das Bürgerbegehren für einen Einkaufsmarkt hinter dem Gemeindegrundstück an der Forchheimer Straße abgelehnt und als unzulässig erklärt. Als Begründung wurde auf den Kaufvertrag des Grundstücks verwiesen, der zwischen der Genossenschaft und der Gemeinde 2010 geschlossen worden war. Dieser solle nur eine soziale Verwendung durch die Gemeinde zulassen, obwohl dieser Vertrag auch andere Nutzungsvarianten explizit beschreibt und somit vorsieht.
Die Ablehnung kam von der CSU-Fraktion, sowie von der Bürgerliste Gaiganz, die immer die gleiche Meinung wie ihre Kollegen zu scheinen haben.
Nach unserer Meinung wurde hier zum wiederholten Mal eine persönliche Entscheidung getroffen, anstelle den Bürgerinnen und Bürger das Stimmrecht zu erteilen. Damit sind wir in keinster Weise einverstanden. Die Bürgerinitiative lässt jetzt den Gemeinderatsbeschluss prüfen und behält sich weitere rechtliche Schritte vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth vor.
Kathrin Heimann
07.08.2011

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